Laufen-in-Schottland

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So könnte man unseren Sommerurlaub zusammenfassen.

Da war erst einmal der Marathon in Edinburgh am 13.6. Das Start und Zielgelände war im Holyrood Park, wo es genug Platz für die 2500 Marathonis und 3500 Staffelläufer gab. Startnummern waren per Post versandt worden, so dass wir erst am Sonntag das Gelände betraten. Leichtes Chaos bei der Beutelabgabe, unendliche Ruhe der Briten beim Schlange stehen und dann die spontane Umorganisation, die Beutel in einem Haufen anzunehmen und erst zu sortieren, wenn wir unterwegs seien. Dieses war recht typisch für diesen Marathon. Das Heft ließ viele Fragen offen, aber vor Ort wurde immer alles pragmatisch und geschickt gelöst, so dass es keine wirklichen Probleme gab. Der Startschuß wurde durch eine echte Kanone abgefeuert und schon ging es auf die erste Runde 3 hügelige Meilen um den Arthur's Seat herum. Dann kurz in die Innenstadt, Touristen anschauen und die ersten Dudelsack spieler zählen, nach 6 Meilen noch einmal durch den Start laufen - irgendwie komisch. Dann geht es durch ein paar Straßen auf einen langen Radweg (ehemalige Eisenbahnstrecke) bis man bei Mile 15 am Meer ankommt. 8 lange Meilen geht es nun mehr oder weniger dicht an der Strandpromenade entlang. Leider auch mal auf lauten Straßen. Spannend die Stelle, wo man an der Britannia (dem ehemaligen Repräsentationsschiff der Queen) vorbei läuft. Hier merke ich dann auch, dass ein Squeezie doch etwas wenig ist, wird doch an den Verpflegungsstellen nur Wasser angeboten (2 mal sogar HighFive Elektrolyte), aber eben keine Bananen, kein süßer Tee und erst recht keine Cola. Die letzten drei Meilen geht es dann mehr oder weniger hügelauf durch Portobello zurück zum Holyroodpark und ins Ziel. Jetzt gibt es auch Bananen, Müsliriegel, und noch mehr Wasser. Die Massage mit Streching-Elementen ist Gold wert, das T-Shirt ganz nett. Schwierig fällt es allerdings, meinen Appetit bis 17:00 zu bremsen. Erst dann öffnen die indischen Restaurants und einen ordentlichen Curry, den hatten wir uns verdient.

Am 19.6. begann der Lauf auf dem Westhighlandway. Vor dem Start um 1:00 morgens allerdings um 10:00 das treffen mit Ian und Anne, unserem Supportteam. Die Treffpunkte waren abzuklären, ebenso wie das vorbereitete Essen (Kartoffelpü, Haferflocken, Nudeltöpfe, Käsebrötchen, Kakao, Bananen, Aprikosen) und Trinken (vorbereitete Getränkemischungen, Tee, Bouillon, dünne Tomatensuppe). Wegen der Länge (153km) und Unwegsamkeit dieses Wanderweges muss im Team ein Fahrer und ein Läufer sein, der im Notfall seinem Läufer entgegen wandern kann. Die zu überwindenden Pässe sind zwar nicht hoch, aber zum Teil steil und das Wetter tut sein übriges mit Nebel, Eisregen und anderen Überraschungen. So gehören Handschuhe, Kompass&Karte und vollständiger Regenschutz zur Pflichtausrüstung. Am 5. Checkpunkt wurde uns sogar ein Biwaksack mitgegeben, den wir aber (Petrus sei Dank) nicht benötigten. Überhaupt war am Wetter nichts auszusetzten, die leichten Schauer nahmen wir gerne in Kauf, da hatten die Sieger ganz andere Probleme.

Die Streckenbeschreibung und Karten sind auf www.westhighlandwayrace.org zu finden. Meine Eindrücke:

Nach einem wirklich schönen Sonnenaufgang mit Schafen auf der Wiese, Nebel in den Tälern, verwunschenen Ortschaften hatten wir uns auch an die Beschilderung des Weges gewöhnt. Über den Conic Hill geht es runter ans Loch Lomond und spätestens hier, am 1. Checkpunkt (km 33, Balmaha) hatte sich das Feld aufgeteilt. In einen Sommermorgen hinein liefen wir (vor allen anderen Urlaubern) am See entlang; bis auf die begleitenden Mücken und einige zwitschernde Vögel gehörte uns die Welt alleine. Die Straße wurde immer enger und ab Rowardennan verließ uns das Verpflegungsfahrzeug, da sie den See am anderen Ufer umrunden mussten. CP2 in Inversnaid war nur von der Organisation besetzt - aber es gab Bananen und falls nötig erste Hilfe. Weiter ging es auf und ab, auf schmalem Waldweg mal direkt am Ufer, dann wieder etwas höher am Hang - ziemlich anstrengend aber interessant und abwechslungsreich. Endlich näherten wir uns der Beinglass Farm unserm nächsten Verpflegungsposten, immerhin 5km vor dem offizielle CP3. Die nächste Etappe war hübsch und schön überwiegend durch einen Wald bis nach Tyndrum. Hier hatten wir schon 85km und damit gut die Hälfte der Strecke hinter uns. Immerhin waren schon 13 Stunden seit unserem Start vergangen aber einige Höhenmeter hatten wir auch schon in den Beinen und so hab ich dann auch mal die Schuhe gewechselt (Blasen vorbeugen!). Hier wurde es auch kalt, windig, nass, ungemütlich - brrrr - so richtiges Schottenwetter. Wie gut, wenn man sich da auf ein prima Supportteam verlassen kann. Da um 7:00 in Fort William die Walker der Caledonian Challenge, einer Wohltätigkeitsveranstaltung auf demselben Wanderweg gestartet waren, kamen uns nun die ersten 'Walker' entgegen. Zunächst allerdings auch hier Läufer, denen allerdings 54 Meilen genug zu sein scheinen. Noch war der Weg breit genug und alle hatten wache Augen. Später gab es schon mal die eine oder andere Nah-Begegnung mit Wanderstock oder Schuhspitze, aber die meisten hatten ein anerkennendes Lächeln für uns übrig und man bewunderte sich gegenseitig. Halb sechs erreichten wir das Kingshouse (km 115), Zeit in trockene Klamotten zu steigen. Auf den letzten 2 Etappen sollte es über die Berge gehen, waren Pässe zu überwinden um vom Glencoe zum Loch Leven und dann weiter ins Glen Nevis zu gelangen. (Glen=Tal). In Kinlochleven trafen wir nach 21 Stunden auf Campbel, einen Wanderfreund Colins, der uns die letzte Etappe begleiten bzw. führen sollte. Fast sehnsüchtig hatten wir auf seine frischen Beine und wachen Augen gewartet. Neue Geschichten sollten neuen Schwung in unser Unternehmen bringen, was auch hervoragend funktionierte. Meine Füsse waren für die Bergstiefel inzwischen zu dick geworden, also musste ich die steinige letzte Etappe in Trailschuhen schaffen - was leider nicht ohne größere Blasen abging. So trat dann doch noch etwas Pein ein. Hmmmpff, wie sehr wünschte ich mir das Ziel herbei. Die Beine waren noch halbwegs OK (im Gegensatz zu Colin, der prima Füsse aber müde Beine hatte und mit jedem Stein Fussball spielte), aber mit den Blasen verwünschte ich mich bei jeden Schritt in eine andere Welt. Eine Welt, in der man kürzere Strecken läuft, bei wachem Geist und Verstand, wo man Weg und Natur beschauen und geniessen kann, wo Laufen wirklich Spaß macht und wo man noch um die kleinen Bäche herum läuft, anstatt mitten hindurch zu trotten.

Was soll ich noch schreiben? Gegen halb 5 morgens erreichten wir Fort William, auf der Hauptstrasse überholte uns Team Deutschland I, aber das war jetzt ziemlich egal, denn es war wieder hell und die Vögel sangen. Um die Sonnenwende herum hatte wir jeweils nur 4h wirkliche Dunkelheit (22:30-2:30), dann dämmerte es schon wieder. Das Ziel war allerdings schwierig zu finden, keine Linie, kein Banner, nur eine Helferin in einem Kassenhäuschen in einem Sportcenter, die einem das Startnummernarmband abschnitt und eine Zeit notierte.

Dafür gab es dort wunderbar warme Duschen und Stühle/Bänke, auf denen man schon mal einschlafen konnte.

Dario Melaragni hat mit einer kleinen Crew verständnisvolle Läufer als Helfer zur Seite, die Top Organisation ist durch großes Engagerment gekennzeichnet und überall fanden wir freundliche Hilfe und Zuspruch, selbst mitten in der Nacht. 13km vor dem Ziel sassen zwei Helfer im Wald, um allen Läufern eine unglückliche Abzweigung zu zeigen. Sie waren im Regen dorthin gewandert und warteten ab 16:00 auf den letzten Läufer, der vermutlich erst Sonntag um 9:00 vorbei kam. Dieser letzte ist nach 34 3/4h mit 14min Reserve ins Ziel gekommen. Wir waren mit unseren 27 1/2h völlig zufrieden und im Mittelfeld auf Platz 34 (von 88 Startern sind 73 ins Ziel gekommen). Der schnellste, ein Niederländer, hat mit 18h fast 2h mehr als seinen Streckenrekord aus 2000 benötigt - aber diesmal war das Wetter für die Spitze nicht so richtig angenehm.

Für 36 Pfund bekamen wir 153km Erlebnis, Bananen und Wasser, 1 Flasche Bier mit unserem Namen drauf, 1 Moskitokopfnetz, 1 Biwaksack, 1 langärmliges Funktionsshirt und einen gravierten Glaspokal. Dazu eine super Organisation, erste Hilfe und eine Bergrettungstruppe. An Erlebnisläufer unbedingt weiterzuempfehlen!

made by Sabine W. ®, im Juni 2004