IRONMAN GERMANY 2002

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4:35 Uhr: Mein Händi klingelt: "Wir sind in 2 min bei dir, komm runter". Ja, das war eine Stimme aus unserem privatem Shuttle – Bus vom PSV Blau Gelb. So fuhren mit einem japanischem Kleinbus, der aussah wie ein Reisebus in der Dom Rep (hoffnungslos überladen) zum Langener Waldsee wo der Schwimmstart erfolgen sollte. Die Stimmung war gelöst, wir lachten viel und erzählten unglaublich viel dummes Zeug, wie das halt so ist, mitten in der Nacht vor einem Ironman.

 

Ankunft Langener Waldsee:

Parkplatz gefunden, 1 km Fußmarsch zur Wechselzone. Oberarmbeschriftung vorgenommen und rein in den Park ferme (so wird die Wechselzone 1 genannt, weil da außer Startern und Ordnern keiner rein darf.). Dia Räder wurden am Vortag eingecheckt, jetzt wird noch mal der Luftdruck kontrolliert, Getränkeflaschen aufgefüllt, Riegel am Rad angebracht und schließlich der Neo angezogen. es ist jetzt 6:15, langsam wird es hell, ich begebe mich zum Schwimmstart.

 

Schwimmstart:

Um 7:00 Uhr geht`s los, denken jedenfalls alle, uns so herrscht allgemeine Hektik im Wasser vor der Startlinie.

nix passiert

15 min Startverschiebung wegen Stau vor dem Gelände. Ok, zurück auf die Landzunge, mit dem Nachbarn wieder unglaublich viel dummes Zeug geschwätzt, wie das halt so ist vor einem Ironman – Start und 5 min später wieder ins Wasser, auf den Start warten. Jetzt geht die Sonne als gelb – roter Ball über den Wäldern auf, ein fantastischer Anblick. die Stimmung ist angespannt aber sehr friedlich. Uhr noch mal kontrollieren, Brille aufsetzen....

(....peng...) DAS war der Startschuß! In Roth war der irgendwie lauter...

Mit 9 min Verspätung geht`s los! 2 min Vollgas, dann einordnen, getreten werden und zurücktreten... meine Taktik ist aber eher defensiv, ich habe 226 km vor mir und man sollte sich die Kräfte einteilen. Geschwommen werden 2 Runden, unterbrochen von einem 30 Meter langen Landgang nach etwa 1,7 km.

Ich komme gut vorwärts, erster Landgang nach 31 min, ich liege genau im soll meines Zeitplans (Schwimmen max. 1:10).

In der 2. Runde mache ich etwas Boden gut, wie ich hinterher im Internet lese, und komme nach 1:04:50 aus dem Wasser.

Wechsel:

Hoch zum Rad, locker Laufen, Neo ausziehen, aufs Rad springen und ab. Leider fällt mir dabei meine Trinkflasche vom Rad. Anhalten Trinkflasche aufheben und weiter. Alles klar.

 

Radstrecke:

Am Anfang ist alles dicht beisammen, man muß aufpassen, nicht Windschatten zu fahren, weil das zu Zeitstrafen oder Disqualifikationen führen kann. Nicht zu schnell losfahren. Es rollt super gut auf dem flachen Stück, Mein Tacho zeigt konstant knappe 40 km/h an. Ich fahre mit Pulsgurt, mein Puls ist immer im grünen Bereich, alles ist gut.

Letztes Jahr in Roth bin ich beim Radfahren völlig eingegangen, vor 5 Wochen bei der Staffel in Roth bin ich 180 km in 5:19 Std. gefahren, danach fast vom Rad gefallen.... 5:30 Std. Radzeit ist jetzt mein Ziel.

Nach 26 km passieren wir Bergen Enkheim, der erste Berg kommt. Hier ist schon gute Stimmung bei den Zuschauern. Die langen Anstiege im Sitzen, die kleinen Rampen im Wiegetritt, ist meine Taktik. Und vor allem an den Bergen nicht übersäuern!!!!

Gesagt getan, ich fahre den Berg recht locker hoch und so geht`s weiter. Hier und da ein bekanntes Gesicht, das Rad rollt wie von selbst, dennoch ein Auge ist ständig auf der Pulsuhr.

Mein Schnitt liegt jetzt bei 36 km, viel zu schnell, denke ich aber mein Puls ist OK, also, was solls. 90 km geschaft, 2:25 Radzeit, ich rechne hoch, nein, weiterfahren, laß die Rechnerei! Essen trinken, gelegentlich den Rücken entlasten, sei nett zu den Kampfrichtern (hier Race Marshalls), runder Tritt, gleichmäßig fahren. Die 2. 90 km werden etwas langsamer als die ersten 90, weil das lange flache Stück vom See wegfällt und wir stattdessen die Berge in der Wetterau hoch und Runter fahren dürfen, aber es rollt heute so viel besser als irgendwann sonst... weiß auch nicht warum....

"34 min auf die Spitze" ruft mir einer zu. Naja, das kann nicht ganz sein nach 100 km, aber was soll`s.

In der 2. Runde Bergen Enkheim lasse ich mir eine Radflasche mit Nudelsuppe anreichen, endlich was anderes als diese komischen Power Bars, tut gut. Die Berge kommen und gehen, jetzt letzter Berg, Heilsberg, Bad Vilbel. Lärm, Spalier, Getöse, die Zuschauer sind echt gut drauf. Zu zweit nehmen wir die Steigung grinsen, geniessen das Menge und würden auch wieder unglaublich viel dummes Zeug reden, wie das halt so ist, bei einem Ironman, nur vor lauter Lärm versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Also belassen wir es beim grinsen uns fahren da hoch.

Noch 9 km, 171 km absolviert, nur noch Berg ab, meine Uhr zeigt irgendwas mit 4:50 und ebbes reine Radzeit. Zügig fahre ich die Friedberger runter, möchte jetzt doch möglichst nah an die 5 Stunden Grenze kommen.

Nach 5:04 Radzeit bin ich in der Wechselzone. Gesamtzeit ca. 6:10 Stunden, Mensch das könnte ja unter 10... – JETZT HÖR AUF ZU RECHNEN DU PFEIFFE!!!!

Wechsel:

Der klappt wie am Schnürchen, die einen Helfer nehmen mir das Rad ab, der nächste reicht mir schon den Beutel mit Laufklamotten: Laufschuhe an, Mütze auf und weiter geht`s. Der eine Helfer erzählt noch von Lothar und Jürgen (Leder und Zäck, Anm. der Red.), daß die eben wie die Gestörten durch die Wechselzone sind. Ich lächele einfühlsam, bedanke mich für die Hilfe, verabschiede mich höflich und mache mich auf den Weg...

 

It`s Running Time:

Ca 35 Grad im Schatten, nur auf der Laufstrecke gibt`s keinen Schatten.... 3 Runden, immer am Main entlang. Dafür ist die Stimmung hier prächtig, Tausende von Leuten, Lärm, Musik einfach geil...

Hm, so richtig viel ist auf der Laufstrecke an Läufern nicht los, bin wohl doch ganz gut im Rennen. 3:30 Std. will ich laufen, 5er Schnitt. Das ist schwer, weiß ich seit Roth letztes Jahr. Also langsam angehen. das Laufen ist wie eine Befreiung, ohne Mühe laufe ich um die 4:30min/km. Viel zu schnell denke ich und nehme etwas raus...

Plötzlich Panik hinter mir: Achtung, Lothar kommt (Leder, der führende Anm. der Red.). ja Wo denn??? Ich drehe mich um, 50 m. hinter mir, das isser. Weiterlaufen, gleich wird er vorbeigehen.

Mensch, wo bleibt er denn??? Wir nähern uns dem Holbeinsteg ich laufe über die Brücke, hoch schön langsam, Brücke wieder runter, lasse rollen. Von Lothar immer noch nix zu sehen. Dann endlich schiebt er sich vorbei, ist wirklich nur unwesentlich schneller als ich. Ich laufe noch eine ganze Weile hinterher, der Abstand wird langsam größer. Ich zwinge mich, abreißen zu lassen, ich habe ja noch 37 km vor mir...

Alle 1,5 km Verpflegung, das ist super gemacht! Ich lasse nichts aus. Die Körpertemperatur unten halten ist oberstes Gebot. Also geht das bei den Verpflegungsständen folgendermaßen: Erst gibt`s Schwämme. 2 Stück über dem Kopf ausgedrückt. Dann Powerbar Hydro 1 Becher reingewürgt, dann Orangen, 2 Stück runtergeschluckt, dann Coke: 1 Becher rein, dann Wasser: 1 Becher über den Kopf, einer zum Mund ausspülen, abschließend wieder Schwämme. All das geht ohne dabei stehenzubleiben, wie weiß ich auch nicht, aber es geht sehr gut.

Und so laufe ich den Main entlang, immer wieder bekannte Gesichter, komme gut vorwärts, überhole hier und da, werde aber gelegentlich auch überholt. nach dem ersten Wendepunkt kommt mir Frank entgegen, ich bin 25 min vorne, erfahre ich. Der hat einen Höllenspeed drauf, wenn er das durchhält, sehen wir uns noch vor der Ziellinie. Dennoch, keine Spielchen, Ich laufe mein Tempo alles andere ist Selbstmord (weiß ich seit Roth).

Die ersten 15 km in 1:10, glaube ich zu erkennen, jetzt noch etwas weniger als 2 Runden.

Ich nehme etwas Tempo raus, liege gut in der Zeit. Halbmarathon in ca. 1:40 oder so, Langsam werden die Beine schwer. Alles andere hätte mich auch gewundert. Rhythmus beibehalten, lächeln, nur das mit dem unglaublich viel dummen Zeug reden, klappt nicht so ganz, wie das halt so ist, bei einem Ironman...

Ab km 32 fange ich jetzt doch an zu rechnen. Total time bis jetzt 9:02 Std., 10,2 km + Holbeinsteg rauf und runter in 58 min, das entspricht irgendwas um 5:30 km/min. Für mich bedeutet das ab sofort absolutes Sprinttempo, weil jetzt habe ich unter 10 Stunden drauf. Also, "pain is temporary, glory is forever" denke ich (frei übersetzt: Du beißt dir in den Arsch, wenn Du mit 10:01 finishst!) und laufe um mein Leben.

Von diesem "temporary pain" habe ich jetzt verdammt viel, jeden km kontrolliere ich auf der Uhr und überschlage das es verdammt knapp werden wird. An den Verpflegungsständen wird es langsam voll, so daß ich nicht mehr alles mitnehme, Wasser und Cola, das muß reichen.

Bei km 35 überholt mich Frank. Ich klopfe ihm auf Schulter feuere ihn an und lasse ihn ziehen. Ich kann nicht dran bleiben, laufe aber mich so langsam ins Koma. Holbeinsteg hoch, NEIN, LAUFEN; NICHT SPAZIERENGEHEN!!!!!!! wieder runter, auh, scheiß Kopfsteinpflaster, weiter weiter.....

Noch 4 km, die Uhr zeigt 9:40 Stunden. ES WIRD KNAPP. Vor dem Eisernen Steg ist es jetzt viel zu laut, Augen zu und durch. Km 40, Wendepunkt, Frank ist ca. 2 min vor mir, kommt mir entgegen, frisch sieht er jetzt auch nicht mehr aus (so langsam hätte es mich ja auch gewundert). Wir versuchen uns irgendwie aufmunternd anzublicken, ich glaube es blieb beim Versuch.

So, jetzt um die Kurve, ein Blick auf die Uhr 9:49 oder so, noch 2 km, NOCH 2 KM!!!!

Auf einmal fällt die Musik aus. Ruhe vor dem Sturm tut gut, LAUF!!!!!!

300 Meter vor der Abzweigung springt Claudia auf die Strecke, läuft neben mir her schreit mich an, was man halt so macht... Zieht mich ein wenig auf diese Weise. Ich möchte Ihr dann sagen "Vielen Dank, du hast mir sehr geholfen, aber da ist der Zieleinlauf und Du mußt die Strecke jetzt verlassen, weil sonst ein übereifriger Kampfrichter (hier Race Marshall) mich disqualifizieren könnte." Stattdessen bringe ich nur ein paar unartikulierte Grunzlaute hervor, wie das halt so ist, kurz vor der Finishline bei einem Ironman.

 

Zieleinlauf

Ich biege halb rechts ab neben mir eine Tribüne, ich höre ohrenbetäubenden Lärm und auf einmal sehe ich links neben mir hinter der Absperrung auf der Radstrecke meinen Vater mit Rassel laut schreiend neben mir herlaufen. Etwa 200 rennt er neben mir her, dann muß ich scharf rechts abbiegen und da ist es, das Ziel!!!! Noch ca. 100m, die Uhr zeigt 9:58:00. Ich drehe mich um, hinter mir kommt noch einer, ziemlich dicht. Mißt, also bis zum Schluß Tempo hochhalten, dabei klatsche ich noch Hände ab und jetzt....

 

9:58:42,6 Endzeit!!!!! (Laufzeit 3:42 Stunden)

Frank ist seit 3min im Ziel wir fallen uns gegenseitig in die Arme, stützen uns, sind überglücklich! Mit einer zeit unter 10 Stunden hätte ich nie gerechnet!!!

Ich bin, naja, sagte ich ja eben, überglücklich, halt. Fange an zu schwanken. Links und rechts werden die Leute mit der Trage abtransportiert, ehrlich, andauernd fällt hier einer um, kein Witz. Jeder im Ziel bekommt eine persönlichen Helfer zur Seite. Ich lasse mich ins Sanizelt bringen und mir erst mal eine Infussion anlegen, mein Kreislauf will nicht mehr ganz....

Nach eine halben Stunde dösen im Zelt geht`s mir wieder gut. Die Beine sind auch in Ordnung. Duschen, Massage jetzt endlich was richtiges zu trinken....

So langsam drudeln auch die anderen ein (Hinter Kronberg waren wir der meldestärkste Verein) und jetzt kann man den abend in Ruhe genießen, mit richtigen Getränken, und jetzt können wir auch damit fortfahren womit wir heute morgen angefangen haben. Unglaublich viel dummes Zeug reden, wie das halt so ist, nach einem Ironman!

Insgesamt ein Wahnsinnstag!

Thanx an alle, die da waren!

Marko

 made by Marko ®, im August 2002