Ironman Germany 2003

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So, da simmer wieder! Ein Jahr so ganz ohne Ironman ist doch öde, dachte ich mir und meldete mich im Dezember letzten Jahres an (ab Januar wird`s ja noch teurer...)

Den Winter und das Frühjahr habe ich gut überstanden, läuferisch konnte ich mich noch mal verbessern, Schwimmen habe ich im Winter fleißig trainiert, lediglich auf dem Rad fehlen mir im Vergleich zu letztem Jahr etwa 1500 Trainingskilometer. Im Trainingslager auf Mallorca im Frühjahr fühlte ich mich beim Radeln dennoch besser als die Jahre zuvor, die Form ist da, bin ich mir sicher. Zumal ich durch die ersten zwei Triathlons dieses Jahr (ein Sprint und eine Halbdistanz) gut durchkam....

 

13.07. 03 Race Day

4:00 Uhr Aufstehen, Frühstück, Andrea fährt mich freundlicherweise zum Langener Waldsee, alles klappt prima, die Nervosität hält sich in Grenzen, geschlafen habe ich auch gut.

Die Wechselzone dürfen nur Athleten, Helfer, Ordner und wichtige Aufpasser betreten, also mit "Tschüß Andrea, Danke für alles bis jetzt, bis nachher, irgendwann" verabschiede ich mich und suche meinen Drahtesel und finde ihn auch sofort. Letztes Fine-Tuning am Rad, Neo an und... noch eine Stunde zum Start... ich dehne mich leicht, laufe locker auf und ab dehne mich wieder, treffe zahlreiche Bekannte. Gegen 6:30 Uhr mache ich auf zum Start.

 

3,8 k swim:

Ab ins Wasser, Einschwimmen, vor zur Startlinie. 6:55 Uhr: Die Rote Flagge steht, das heißt, der Startschuss kann jeden Moment erfolgen... Wir schwimmen auf der Stelle, Drängeln etwas um die besten Positionen und warten... Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch ist auch schon aufgestanden. Offenbar muss er das uns allen beweisen, indem er 6:56 Uhr eine Ansprache hält. Genau darauf habe ich das ganze Jahr gewartet, DANKE! 6:59 Uhr: Die Ansprache ist beendet DANKE!

7:00 Uhr: Der Startschuss erfolgt, the Race is on! Wer die Aufnahmen vom Start gesehen hat oder gar Live dabei war, kennt den gigantischen Anblick, wenn sich mit einem Male 1800 Schwimmer in Bewegung setzen! Alles klappt prima, ich finde irgendwo in der Mitte einen schönen Platz und kann meinen Rhythmus finden und schön durch ziehen, ohne mich kaputt zu machen. Nach knapp 2 km erfolgt der erste Landgang, (raus aus dem Wasser, 50m am Strand entlang rennen und wieder reinspringen). Die Reihen haben sich inzwischen gelichtet, ich finde einen, der genau mein Tempo schwimmt und (hoffe ich) auch weiß wo hin er schwimmen soll. Ich hänge mich hinten dran, lasse mich von seinem Wasserschatten ziehen. Die Kraftersparniss ist etwa so groß wie beim Windschattenfahren beim Radeln, nur im Gegensatz hierzu ist Wasserschatten-Schwimmen erlaubt. Nach 1:02h verlassen mein Zugpferd und ich das Wasser. Alles im Soll.

 

1. Wechsel:

Ich renne wie ein Bekloppter den Berg hoch, ziehe dabei den Neo aus, schnappe mein Rad und ab geht`s.

 

180 k bike:

Die Kampfrichter haben angekündigt, diesmal gegen die leidige Lutscherei härter durchzugreifen und zeigen unterwegs ständig Präsens, ermahnen uns rechts zu fahren, zügig zu überholen etc. Der Anfang auf dem Rad ist sehr hektisch. keiner möchte sich Zeitstrafen einhandeln, aber alle möchten irgendwie voran kommen. Bei mir klappt alles ganz gut, fahre nach Puls und finde langsam mein Tempo. Nach etwa 30 min hat sich eine Gruppe von 10-15 Leuten formiert, wir fahren alle die gleiche Geschwindigkeit. Um mir keinen Ärger einzuhandeln, halte ich zur Gruppe 10m Abstand und fahre im Aerolenker. Bei knapp 40 km/h auf der Geraden hat man so immer noch Windschatten ohne die Gefahr, eine Zeitstrafe wegen Lutschens sich einzuhandeln. Die Race Marshalls greifen heute wirklich durch. Immer wieder werden Leute verwarnt, müssen die erstmals aufgestellten Strafboxen an der Strecke aufsuchen und ihre 6min absitzen. Auch unsere Gruppe dezimiert sich leicht. Das Rad rollt hervorragend, immer wieder essen, trinken und den Puls beobachten. Die Stimmung entlang der Strecke ist gigantisch. Immer wieder Stimmungsnester mit unzähligen Leuten, und die machen so richtig Lärm, feiern uns, als hätten wir so eben Hackfleisch aus Lance Armstrong gemacht (ich mag Armstrong). Es macht jetzt so richtig Laune!!!

Die ersten 90 km sind nach 2:30 absolviert, ich bin genau im Soll. Bei km 100 reicht mir Andrea Nudelsuppe in der Radflasche, Brötchen und Salami an. Leider fahre ich zu schnell an sie ran, kann die Tüte nicht greifen und muss anhalten. Schließlich greife ich die Tüte, und fahre weiter. Dummer weise kann ich mit dem linken Fuß nicht mehr in die Pedale einklicken, irgendwas klemmt... Anhalten oder weiter fahren? Irgendwie finde ich halt auf der Pedale, kann mich so halb einklicken, entscheide mich für`s weiterfahren, weil sonst der Rest von meiner Pacemaker-Gruppe weg wäre. Jetzt kommt Wind auf. Die nächsten 50 km bis Friedberg haben wir Gegenwind, der Schnitt fällt etwas, aber damit haben ja schließlich alle zu kämpfen. Also, essen, trinken nicht hektisch werden und immer weiter fahren. Bei 165 km der Heilsberg in Bad Vilbel. Wie letztes Jahr haben die Leute hier ein Spalier gebildet, ohrenbetäubender Lärm, Techno-Beats zur Stimme des Moderators und wir fahren mitten durch, und die Menge peitscht jeden von uns den Berg hoch, "GIBT IHNEN SCHWUNG" schreit der Moderator immer wieder und die Menge gibt uns Schwung. Gänsehaut pur. Im lockeren Wiegetritt lasse ich mich den Berg hoch tragen. Plötzlich ist die Straße vor mir dicht. Da stehen doch echt zwei Idioten und machen das Spalier vor mir komplett zu. Die werden schon weg springen, denke ich und halte voll drauf. Plötzlich erkenne ich die zwei: Marjan und Joerg, zwei Vereinskollegen. Die sind völlig aus dem Häuschen, schiessen Fotos, filmen, feuern mich an, einfach nur geil! Anschließend geht´s nur noch Berg ab Richtung Wechselzone, die ich nach 182 km und 5:09 Std. erreiche. Ich hatte während des Radelns nicht einen einzigen Hänger, keine Rückenschmerzen, die Beine sind auch noch in Ordnung. Total Time ist jetzt 6:13 h.

 

2. Wechsel:

Klappt wie am Schnürchen, ich gebe das Rad ab, ziehe die Laufschuhe an und laufe los.

 

42,2 k Run:

Zusammen mit Nina Fischer, letztes Jahr zweite Frau gesamt und Peter Schneider, kenne ich von Augath-Team, letztes Jahr 9:20h gefinisht, 10. Profi (startet heute als Amateur) geht`s los. Wir laufen zu dritt. Ich stoppe den ersten km mit 4:20 min. Falsch gedrückt, denke ich. Drücke den nächsten km auch mit 4:20 ab. Mist! viel zu schnell, obwohl es mir sau-gut geht. Die Stimmung ist der Wahnsinn. Immer wieder höre ich meinen Namen. Einer aus unserer Gruppe wird ständig angefeuert: "Auf Ninchen" (gemeint ist Nina Fischer), "los Peter!!!", "MAAAARKO auf geht`s!!!" Das pausenlos. Ich weiss ich bin zu schnell, gehe pinkeln, dann sind die zwei bestimmt weg. Peter pinkelt auch... Nina ist immernoch da. Weiter geht`s "LOS NINCHEN HEPP HEPP, AUF PETER!!!! SUPER MARKO....". den Text kenn` ich bald auswendig.

Unter großen Mühen werde ich langsamer, km 15 bei 1:08h, zuvor die ersten 10 in 45:00 min, aber von Müdigkeit keine Spur, ich bin so richtig gut im Rennen. Irgendwann kommt das was eigentlich nicht kommen soll (toller Spruch, gell!). Auf der 2. Laufrunde merke ich plötzlich einen stechenden Schmerz in der linken Achillessehne, schlagartig ist Rennen nicht mehr möglich. Wandern ist angesagt für die nächsten 3 km. Ich versuche immer wieder anzulaufen, sinnlos. Meine Achillessehne ist gereizt. Das Publikum ist genial. Immer wieder sprechen mir Bekannte und Unbekannte Mut zu, fordern mich auf durchzuhalten, weiterzumachen. Ein mir unbekannter Helfer begleitet mich zwei Minuten, bietet mir Getränke an, baut mich nach allen Regeln der Kunst wieder auf (Danke Mann!!!), während in mir die totale Leere herrscht. Die angepeilte Quali für Hawaii ist weg, die ganze Vorbereitung umsonst, am liebsten möchte ich raus gehen, alles hinschmeißen. Nach ca. 3km kann ich ganz langsam wieder anfangen zu laufen. Die Beine sind jetzt sehr hart, die Motivation ist weg, die Bereitschaft, sich jetzt voll reinzuhängen und über alle Schmerzen hinwegzusehen ist nicht mehr da.

Ich fange wieder an zu laufen. Muss aber nach 7km erneut wandern, die Sehne schmerzt, der rechte Fuß schmerzt, die Oberschenkel schmerzen, alles schmerzt... Stefan Noack von Passtschon 98 gabelt mich auf. Wir gehen zusammen einige Minuten, schön dass er da ist, tut gut, Danke auch Dir!!!. Nach weiteren 2km versuche ich erneut zu laufen.... Bei der nächsten Verpflegungsstation halte ich noch mal an, nehme Orangen und Getränke mit und gehe weiter. Jetzt kommt mir Andrea entgegen. Arm in Arm schlendern wir noch den Main entlang, die Zeit ist jetzt eh egal. Nach weiteren zwei Minuten fange ich wieder an, zu Laufen- und siehe da- ich habe wieder Dampf. Die Sehne schmerzt zwar ein wenig, aber ich denke, die restlichen vielleicht 13km komme ich durch. Ich kann sogar wieder Tempo aufnehmen und laufe so im 5er Schnitt dem Ziel entgegen, überhole wieder zahlreiche Leute, die mich zuvor überholt haben, Jogge das Ding locker nach hause. Genieße die Anfeuerungen der unermüdlichen Zuschauer. Nach 10:23 Stunden bin ich im Ziel, bestens erholt. Einerseits traurig, dass meine Achillessehne mir einen Strich durch die Rechnung machte, andererseits stolz, doch noch gefinisht zu haben und das sogar in einer passablen Zeit.

Anschließend wird noch gefeiert, bis der letzte um 23:00 Uhr im Ziel ist.

 

Resümee

Sicherlich ist das Rennen anders verlaufen als ich es mir vorgestellt habe. Über die verpasste Hawaii–Quali bin ich traurig, die erforderliche Zeit hätte ich heute höchst wahrscheinlich erzielt (Ich hätte lediglich im 5er Schnitt durchjoggen müssen und wäre mit 9:44 im Ziel gewesen.). Aber hätte, wenn und aber ist nicht, bei einem perfekten Rennen muss alles passen und das war heute nicht der Fall, etwas Glück braucht man auch. Dazu kommt, dass ich wieder mal trotz eines minutiös ausgearbeiteten Laufplans zu schnell angelaufen bin. In der Euphorie, die auf der Strecke herrscht ist es sehr schwer, sich zu bremsen. Vielleicht kamen dadurch auch die Beschwerden auf, weil die Belastung einfach in diesem Moment zu hoch war...

Dafür habe ich eine andere Erfahrung gemacht: Das man so ein Ding trotzdem durchstehen kann. Ich habe manchmal an Paula Newbie-Fraser (ich hoffe ich habe ihren Namen richtig geschrieben) denken müssen, die letztes Jahr als Favoritin gestartet und weit, weit abgeschlagen nach 12 oder 13 Stunden, gepeinigt von Magenkrämpfen ins Ziel kam. Das hat mir wahnsinnig imponiert.

Bestimmt mache ich wieder einen Ironman, und dann werde ich langsamer loslaufen und habe dann vielleicht auch mal das nötige Glück, das man braucht, um sein Ziel zu erreichen.

Bedanken möchte ich mich bei meiner Andrea, die mich in der Vorbereitung und während des Rennens tapfer unterstützt hat (Danke mein Schatz), bei allen Zuschauern insbesondere von Passtschon98 und PSV Blau Gelb, die mich unermüdlich nach vorne gepeitscht haben und bei Frau Sievers vom Blutspendedienst, die unsere Startgebühren übernahm und uns mit ihrem Team beim Rennen ordentlich anfeuerte.

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made by Marko ®, im Juli 2003