Mein erster Sonnenbrand im neuen Jahr

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Nein, ich war nicht im Skiurlaub sondern im kalten, nassen, windigen Norddeutschland;

Eigentlich war ich auch dort nicht, denn das von Holger Doose alljährlich versprochene Schmuddelwetter (Härtestufe IV: Hagel, Schneematsch, Gegenwind) war am Sonntag nirgends zu entdecken. Wahrscheinlich hatten sie es 2002 so ausgiebig genossen, dass für uns diesmal nur noch Sonnenschein übrig war. Davon hatten wir ausreichend, so dass neben kleineren Scheuerstellen jetzt auch Nase und Wangen rot glänzen.

 

Was war denn?

Der Lü-Ha Fun Run, schon zum 7. Mal veranstaltet, ist ein Freundschaftslauf von Lübeck nach Hamburg, immer im Februar, immer 75 Personen (mehr passen beim Abendessen nicht ins Ruderhaus), immer 75km (auch wenn die Streckenvermessung mal 76 ergibt).

Das Schwierigste an diesem Lauf ist es, einen der Startplätze zu ergattern. Ich kenne Hamburger, die das seit 4 Jahren versuchen. Warum ich, nach nur 2 Jahren das Glück hatte, wissen die Götter und vielleicht Angela Doose, die seit Jahren beim Organisieren unschlagbar ist und gestern bestimmt auch 25km hin und her gerannt ist, war sie doch an allen Verpflagungsposten präsent, souverän im Start- und Zielbereich, stets freundlich und mit gutem Rat zur Stelle.

 

Vor dem Start

Wenn man nicht schon am Samstag nach Lübeck anreist, sondern die Eltern bei Hamburg wohnen hat, sollte man Vattern überreden, einen Sonntag früh um 5:45 am Hauptbahnhof abzuliefern, denn da steht ein bunter Haufen in engen Hosen mit Turnschuhen an den Füßen und man entdeckt die ersten bekannten Gesichter. Da fast alle aus der Gegend kommen, kennt man sich ja sowieso und das Hallo ist fast so groß wie später in Lübeck. Spontan beantwortet sich die noch um 4:45, beim Klingeln des Weckers, gestellte Frage: Wieso um aller Welt mache ich das eigentlich?.

Der Bustransfer nach Lübeck klappt reibungslos. Verschlafen blicke ich in die aufgehende Sonne, als in der Sporthanlage Phönix ein Kramen und Packen beginnt und Vaselinetöpfchen die Runde machen. Der NDR ist da und interviewt Horst Preisler; unterwegs werden auch von normalen Läufern Aufnahmen gemacht und später in der aktuellen Stunde gesendet. Holger erklärt in groben Zügen die Strecke: ‚immer geradeaus, nur auf den letzten 10km solltet ihr besser auf Flatterbänder und Sägespänepfeile achten‘, aber die meisten sind nicht zum ersten Mal hier und wir wollen ja in Gruppen laufen.

 

10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, Jubel

endlich, kurz nach 8, geht es los. Raureif auf Straßen und Dächern, Eis auf Bächen, Seen, Tümpeln und der Trave. Zunächst aber 5km gemeinsames Einlaufen durch das hübsche Lübeck. Von den Buddenbrocks grüßt uns keiner aber ein Brötchenholer dreht sich verwirrt um, zu sehen welch merkwürdiges Getrappel den Sonntagmorgen stört. Sein irritierter Blick auf uns sprach Bände. Oder lag es an der zuvor überquerten Säuferbrücke (ohne z)? Durch 75 Beinpaare in Schwingung versetzt, gab sie mir das Gefühl, am Vorabend ein Bier zuviel getrunken zu haben – was ja vielleicht auch stimmte. Nach Durchlaufen des Holstentores war Bier zunächst kein Thema mehr. Nur ein paar weiteren Kurven und wir sind an der Trave. Das Tempo wird freigegeben, Grüppchen bilden sich, die Körper kommen auf Arbeitstemperatur, die Beine finden ihren Rhythmus, Eis, Schilf, Enten funkeln in der Sonne – kurz gesagt: die Welt ist in Ordnung und ein schöner Tag liegt vor uns. ‚Ist es noch weit?‘

 

Unterwegs

Bald schon das erste Schild: km 13 – Wie? Nee! Kann nich sein! Bestimmt falsch aufgestellt!

Und schon die erste Verpflegungsstelle. Auf dem ersten Abschnitt konnte ich ausgiebig mit Simone über ihre Erkrath-Berlin Tour mit Conny erzählen, auf dem zweiten Abschnitt lernte ich neue Läufer kennen. Leider verschwanden diese nach netten Kilometern über Boston-, Jungfau- Zermatt- und diverse andere Marathonerfahrungen einer nach dem anderen in vorher geparkten oder herbeitelefonierten Autos. Hmmmpf, sollte ich nun alleine weiter? Glück gehabt! In René findet sich ein netter Begleiter – sowohl vom Tempo wie auch von den Erzählthemen passen wir anscheinend ganz gut zusammen und bildeten lange ein gutes Team.

Lütjensee, die Superverpflegung am Marathonpunkt war nach 4 Laufstunden erreicht (ob nur mir dieses Dorf so verdammt lang vorkam?) und bald auch km 50 und 53. Hatten wir in Großensee noch die Eisläufer um ihre Schlittschuhe beneidet, lernte ich an den folgenden Hügeln Kraft und Atem aufs Laufen zu verwenden und die Gespräche wurden kürzer. Ab Rahlstedt wurde es, nun schon auf Hamburger Straßen, ungemütlich – vielleicht nur ein Tiefpunkt? weiterlaufen! Irgendwann durften wir an die Wandse abbiegen und sofort war es wieder schön. Ein plätschernder Bach, sandige Wege und nur ein paar Sonntagsspaziergänger, an denn man das Slalomlaufen schon mal üben konnte. Einige Suchaufgaben (wo hängt die Markierung? Sollen wir wirklich da längs?) konnten mit der Beschreibung auf der Rückseite der ‚Startnummer‘ gemeistert werde. Schwierigste Hürde: eine gelb-gekachelte Straßenunterführung. Hier ist die Erfahrung der Wiederholungsläufer absolut notwendig, wenn man wie ich im Kilometerrausch nur noch weiterlaufen möchte.

Die Fussgängerdichte stieg unaufhaltsam. Annerkennende Zustimmung, dumme Sprüche (‚nu grab mal die Hacken innen Asphalt‘) und verständnisloses Murren (das bepelzte Renterpaar auf der Bank: ‚Wir kommen auch aus Lübeck‘) sorgen für Unterhaltung. Der nette Skater an der Ampel sagt: ‚an der Alster da vorne rechts rum‘ und erspart mir so eine von anderen eingelegte Extraschleife. Aber was ist denn hier los? Halb Hamburg an der Alster, so schön ist das Wetter. Zum Glück war dieser Streckenabschnitt kurz, denn gegen diese klönenden Spaziergängermassen versagt selbst meine Slalomtaktik.

 

das Ziel

irgendwann leuchteten orange Absperrkegel durch die Menschen, die Bushaltestelle heißt Schöne Aussicht und der Ruderclub Hansa. Prima, dann bin ich hier ja richtig. Noch eine Parkrunde: ‚kommen sie etwa auch aus Lübeck?‘ schaffe ich es um kurz nach 3 gerade noch meinen Namen auf die Liste zu schreiben. Am Start und an jeder Verpflegungssstation muss man per Unterschrift zeigen, dass man noch dabei ist. Schließlich soll keiner auf der Strecke bleiben und falls doch, geht es schneller einen Abschnitt abzusuchen, als die ganzen 75km. Bei anschwellenden Händen wird das jedoch immer krakeliger, so dass der Zielbogen ein Kunstwerk blauer und grüner Graffitis darstellt, welches in den Deichtorhallen einen Sonderplatz bekäme.

Jetzt einen warmen Tee und schon kommen die nächsten ins Ziel, eine Banane, aufwärmen unter der heißen Dusche und es geht mir so richtig gut. Nach und nach trudeln alle ein, bis auf die, die schon längst da sind.

 

danach

Im Ruderclub geniessen wir neben Kaffee, Glühwein, Bier und Alsterwasser, den Sonnenuntergang über der Alster, später auch Salat und ein reichhaltiges Nudelbuffet. Immer noch gibt es viel zu erzählen und mancher wird ob seines schaukelnden, staksenden, ruckeligen oder langsamen Ganges geneckt. Holger verteilt Urkunden und Medaillen (für die 5te Teilnahme). Es gibt tatsächlich Menschen die alle 7 Läufe mitgemacht haben, nicht nur bei den Läufern. Auch und gerade unter den Helfern sind viele treue Seelen, ohne die so ein Lauf nicht möglich wäre. Ganz, ganz vielen herzlichen Dank an euch alle. Super lecker der Kuchen bei km 42 und die Aprikosen bei km 53. Jetzt weiß ich auch, worauf ich mich beim nächsten Mal freuen kann. Denn eins ist klaar: dies ist ein Fun Run, denn nur mit Freude kann man solche Strecken laufen. Wollen wir hoffen, das auch die Dooses und ihre Helfer weiterhin Spaß beim Organisieren haben. Wenn die nächste Ausschreibung kommt heißt meine Antwort: 'Ich will mit!'

made by Sabine W. ®, im Februar 2003