Ironman Germany 2007

Ab nach Hause...

Frankfurt, 01.07.2007, kurz vor der Tagesschau.

Ich bin ein IRONMAN.
Ich habe es bis kurz vor der Tagesschau geschafft, mein persönliches Ziel erreicht. Ich bin im Zielkorridor. Sub 13!

Der Römerberg ist erklommen, hinter mir liegen nicht nur 226 km Wettkampf, sondern auch 9 Monate intensives Training - nur auf diesen einzigen Augenblick hin.

Eben habe ich noch auf dem roten Teppich einen Moment stillgestanden und einen eiligen Läufer passieren lassen. Meinen Zieleinlauf möchte ich allein erleben dürfen. Den Zielsprint überlasse ich den Profis. Und dieser eine Sprint heute hat wohl Ironman-Geschichte geschrieben.

Jetzt bin ich durch. Unglaublich, ich habe es tatsächlich gepackt.
Meine Spannung löst sich abrupt. Irgendwer wirft mir ein Handtuch um die Schultern. Ich werde von der Ziellinie weggeführt, ein junges Mädchen hängt mir meine Siegesmedaille um. Im Taumeln falle ich ihr fast um den Hals.

Ich torkele raus aus dem engsten Zielbereich. Mein Blick scheint leer, ich lass ihn schweifen,versuche die Atmosphäre aufzunehmen und zu genießen. Ich halte inne und suche Halt an einem Absperrgitter. Dann überfällt es mich.

Ich lasse meinen Tränen der Erlösung freien Lauf, ein nicht erwarteter Weinkrampf nimmt Besitz von mir. Ich vergrabe mein Gesicht ins Handtuch und versuche mich zu beruhigen. Ich bin ergriffen vom Augenblick, von der Situation, von den vielen Zuschauern, von der Anspannung der letzten Stunden, vom langen Training und besonders von der Unterstützung meiner Freunde, einfach von Allem.

Alles ist gut, ich bin gesund, ich benötige keine Hilfe.


Athlets Garden:
Reger Betrieb hier. Ich gebe meinen Chip ab, der mich seit heute morgen begleitet und dafür gesorgt hat, dass alle meine Zeiten dokumentiert wurden. Ade!

Ich empfange die ersten persönlichen Glückwünsche. Birgit – Iron(wo)man von Roth – eilt auf mich zu und spricht freundliche Worte zu mir. Ihr Mann folgt. Beide haben Dienst im medizinischen Bereich und scheinen reichlich beschäftigt zu sein. Mein Blick auf die Zelte vermittelt mir den Eindruck, als wäre ich zu Gast bei M-A-S-H. Krankentragen hier, Infusionen dort, nur ist es hier nicht so martialisch, unblutig eben.

Ich spreche einen Finisher an, wo es denn das Bier gibt. Ich brauche jetzt mal wieder was Herzhaftes.

Am Bierstand treffe ich Monika, die ich beim Trainingswochenende mit dem Team Erdinger Alkoholfrei Anfang April kennen gelernt habe. Sie hat den Slot für Hawaii angenommen, wie ich bei der Awards-Party am Montag vernommen habe. Danach tausche ich mit Marianne einige Worte. Sie ist kurz vor mir durchs Ziel gelaufen.

Sie weist mir den Weg zur Finishershirt-Ausgabe und zum Urkundendruck. Okay, das erledige ich schnell, danach Dusche und Essen. BTW: die Shirts fallen viel zu groß aus. Echte Säcke.

Bekleidungsausgabe:
Am Zaun drängt sich meine Liebste, Lisa, mit dabei meine Nichte Julja und dahinter Andrea und Christian. Die haben den richtigen Riecher, sind eben immer dort, wo ich Sie haben möchte. Sie sind so verlässlich und unterstützend. Danke dafür.

Mit Bier und Klamottenbeutel in der Hand treffen wir uns außerhalb des umzäunten Bereichs. Michi und Steffi sind auch dort. Ich gratuliere Michi zur tollen Leistung, Steffi für ihre Ausdauer heute alles mitzumachen; auch eine große Anstrengung und Leistung für den Support bereit zu stehen.

Nach dem geselligen Teil geht es nochmal rein in den Athlets Garden: Dusche, Massage und Essen fassen. Lisa hat zwischenzeitlich unterstützt von der Familie Gerk, mein Rad und meine Wechselbeutel abgeholt. Letztere haben dankenswerter Weise Andrea , Christian und Julja mit nach Hause genommen. Dann kehren wir der Szene den Rücken und mit der U-Bahn gehts heim. Nach der Awardsparty am Montag erhalte ich meine Sachen zurück, zusammen mit einer Menge Fotos. Christian ist genial. Vielen Dank für die vielen Fotos.

Unterwegs sind noch die letzten Athleten, die den Zieleinlauf in der Dunkelheit bei vollbesetzten Zuschauertribünen erleben dürfen. Wir schauen uns das beim HR-Fernsehen zu Hause an.

Auch für die Letzten schließt sich bald der Kreis. Dieser Kreis von der Anmeldung ein Tag nach dem letztjährigen Ironman, über die vielen Trainingseinheiten bis zum Startschuss am Langener Waldsee morgens um sieben Uhr in der Frühe.

Belastungen und Hindernisse:
Dabei hätte ich diesen Tag fast nicht erlebt. Im August habe ich plötzlich starke Schmerzen im Brustkorb verspürt und habe mich von Lisa sofort ins Krankenhaus fahren lassen. Die Diagnose war mir längst klar. Mit einer beidseitigen Lungenembolie und einer weiteren Thrombose im linken Bein durfte ich die ersten drei Tage verkabelt als Gast auf der Beobachtungsstation verweilen. Nach insgesamt 12 Tagen habe ich die Innere Station des St. Katharinen-Krankenhaus auf mein Drängen hin verlassen. Hintergrund: Bereits im September 2004 habe ich im Training eine Thrombose bekommen. Zu wenig getrunken und dickes Blut haben dazu geführt. Die Blutuntersuchung hat später ergeben, dass ich einen Gendefekt besitze (Faktor V Leiden), der dann dazu führte, dass sich das Blut verklumpte.

Seit August nehme ich wieder fleißig mein Marcumar und trage Kompressionsstrümpfe; vorsichtshalber jetzt beidseitig. Alle drei bis vier Wochen lasse ich mein Blut checken. Mein Arzt hat nichts gegen den Sport, nur sollte ich mich nicht verletzen, das Bluten lässt sich so schlecht stoppen. Ich trage auch sicherheitshalber ein Dog-Tag mit Hinweisen zu meiner Krankheit.

Auf der Tria-Messe werden die langen Sportsocken mit Kompressionscharakter beworben. Auch die Profiathleten tragen diese Dinger neuerdings mit Vorliebe, allen voran der Sieger, Timo Bracht sowie auch Lothar Leder. Die haben noch die Wahl, die Dinger anzuziehen oder wegzulassen. Bei mir funktioniert es nicht ohne, sonst ballt sich die Wade, schmerzt möglicherweise. Dann geht nichts mehr.

Nachdem die Sommersaison aufgrund der Lungenembolie frühzeitig beendet wurde, starte ich am 01. Oktober mit der Vorbereitung für den D-Day.

Vorbereitung und Training:
Zuerst war es mit meinem Trainingseifer nicht allzu gut bestellt. Im Schnitt absolvierte ich 28 Stunden Sport im Monat und wusste, hier muss ich mich mächtig steigern. Aufgrund der Lungenembolie musste ich aber langsamer machen, noch fehlten mir gut 10 Prozent Lungenkapazität. Bis Februar habe ich auch noch leichte Schmerzen bzw. Druckbelastungen der Lungen gespürt.

Meine Anregungen für einen Trainingsplan habe ich aus zwei Büchern gewonnen:
1.Nicole und Lothar Leder: Der Weg zum Ironman; Triathlon-Training für Fortgeschrittene
2.Huddle/Frey/Murphy: Triathlon Trainingsprogramm; In 24 Wochen zum Ironman.

Bis 24 Wochen vor dem Ironman hatte ich somit ausreichend Zeit, mich an die steigenden Trainingsbelastungen heranzuführen, meine Techniken zu verbessern. Auch beschloss ich einem Triathlonverein, dem MTV Kronberg beizutreten, um möglicherweise dort mit zu trainieren. Ich habe dann doch lieber Individualtraining absolviert und nur beim Lauftraining mitgemacht.

Im Vordergrund sollte zunächst eindeutig das Schwimmen stehen; wie bei so vielen Triathleten. Eine Ausdauergrundlage muss ich mir erst noch erarbeiten sowie meine rudimentären Techniken verbessern. Lisa organisiert einen weiteren Schwimmkurs. So geht es wieder an 10 Sonntagen zum Schwimmunterricht. Dank des Umbaus des Bergen-Enkheimer Riedbads kann ich auch dort sehr gut und kostengünstig (zum halben Eintrittspreis) trainieren. Ich verliere leider schnell die Geduld und die Motivation, wenn ich Kreuz-und-Quer-Schwimmern auf meiner Bahn begegne.

Laufen geht eigentlich immer. Meinen Laufumfang steigerte ich nur wenig. Höhepunkt des Lauftrainings bildete - unbeabsichtigt - der Malta-Marathon Ende Februar. Lisa und ich haben einen Freistart samt einem einwöchigen Aufenthalt auf der Insel beim ArQue-Lauf gewonnen. Ohne spezielle Vorbereitung und Regeneration habe ich diesen Lauf absolviert. Die Woche war erholsam und hat den Trainingsplan nur geringfügig unterbrochen.

Im März ging es dann ans richtige Radfahrtraining. Das begleitende Rollentraining habe ich nicht so geliebt. Maximal habe ich mich 1:45 Stunden auf der Rolle aufhalten können, dann verging die Lust. Ich habe auch lieber ein spezielles Trainingsprogramm durchgeführt, als stur Kilometer auf der Rolle runterzuspulen.

Das Trainingslager auf Mallorca war zweigeteilt. Da ich wieder einmal Glück hatte, habe ich ein Trainingswochenende mit Erdinger Alkoholfrei und den Leders gewonnen. Waren zwar nur zwei Tage, aber es hat etwas gebracht. Zwei Tage (ohne Regen) radeln und ein wenig Lauftraining standen auf dem Programm. Das Schwimmen habe ich mir verkniffen. Ich habe am frühen Morgen gesehen, wie viel Chemie in den Pool geschüttet worden ist. Und ich bin sehr empfindlich, selbst als Nasenklammerschwimmer bekomme ich fast sicher eine schniefende Nase.

Am Montag war ich dann wieder für einen Tag in Deutschland und bin mit Lisa und meinen Freunden am Dienstag in aller Herrgotts-Frühe wieder nach Mallorca aufgebrochen.

Das Wetter während der folgenden Tagen war mehr als bescheiden. Es regnete dauernd, teilweise heftig. Ich beschloss keine Risiken einzugehen und das Training abzubrechen oder ausfallen zu lassen. Womöglich hätte ich mir bei einem Sturz mein Hauptziel verhagelt oder hätte mir eine Erkältung zugezogen, womit ich tagelang nicht trainieren könnte.

So kamen weniger Kilometer zusammen als geplant. Wären wir in Deutschland geblieben, hätten wir ideale Bedingungen gehabt, denn der Sommer ist zu dieser Zeit in Deutschland bereits im April ausgebrochen.

Nach dem ernüchternden Mallorca-Trainingslager waren es noch 10 Wochen bis zum 01.07.2007, dem D-Day. Die Trainingsumfänge nehmen kräftig zu, wöchentlich zwischen 12 und 19 Stunden. Die steigenden Belastungen habe ich gut weggesteckt, erstaunlich gut sogar. Es machte richtig Spaß. Ich spürte nicht die Müdigkeit, die ich vom ausschließlichen Lauftraining her kannte. Triathlontraining ist eben ausgleichender.

Auf den langen Radtouren probierte ich Sitzposition und Ernährung aus. Der Radmarathon in Griesheim war ein erster und letzter Test auf einer Überdistanz. Ein gelungenes Experiment. In der Gruppe fahren war allerdings nicht das, was mich allein am 01.07 erwarten sollte.

Vorbereitungswettkämpfe:
Am 06. Mai nahm ich in Gelnhausen am Kinzigtal-Triathlon teil; ein Sprinttriathlon. Ich wollte im geplanten Tempo des Ironman bleiben. Nicht mehr – nicht weniger. Die Bedingungen an diesem Tage waren glänzend, es hat viel Spaß gemacht.

Nächster Test sollte die Mitteldistanz am Schottener Stausee sein. War auch ein Test! Getestet wurde nicht die Form, sondern der Veranstalter. Nun ja, es läuft ja nicht immer alles rund. Sicherlich, für das Wetter kann er nichts, aber die Organisation sollte er eigentlich drauf haben. War nicht so!

Das Schwimmen wurde gestrichen. Der Stausee bot 13°C Wassertemperatur auf. Also wurde ein Duathlon durchgeführt. Diesen liebe ich nun mal gar nicht. Egal. Bin wieder im Ironman-Tempo gelaufen und geradelt. Die Radrunden waren hammerschwer. Der Regen wollte und wollte nicht enden. Meine Füße waren schon nach der ersten Radrunde eiskalt. Ich habe aber die sieben Runden tapfer runter gespult, dabei nichts riskiert, insbesondere nicht auf den Abfahrten, die ich normalerweise unerschrocken runter rase. Diesmal nicht. Mein Hinterrad schlitterte schon bedenklich durch die Kurven, so dass ich danach nur noch mit Sicherheitsfaktor 2 hinab fuhr. Nach dem abschließenden Lauf kam auch mal die Sonne raus. Klasse!

Noch 6 Wochen bis zum Start:
In den Tagen nach dem Wettkampf wurde das Wetter besser und besser. So konnte ich auch zum Langener Waldsee und den Neo ausprobieren. Erschrocken habe ich festgestellt, dass er fast nicht mehr passt. Er saß zu locker. Resultat meiner Gewichtsentwicklung. Ironman-Training führt dazu, dass man Gewicht verliert. Eine Warnung an alle!

Wöchentlich fuhr ich nun zum Waldsee. Er wurde immer wärmer. Zwischenzeitlich wurden über 25°C gemessen. Also trainierte ich auch mal ohne Neo. Die Angst ohne den Hilfsgummi schwimmen zu müssen geisterte bei den Triathleten, die ich getroffen habe, herum. Mir war es jetzt eigentlich egal. Ich kann inzwischen auch ganz gut ohne diese Auftriebshilfe schwimmen.

Beim Swimday des Ironman-Veranstalters am 09.Juni konnte ich die gesamte Strecke schon einmal abschwimmen. Die meisten Bojen waren gesetzt, Landgang und Ausstieg waren klar. Ich habe immer wieder versucht mich zu orientieren. Danach war ich mit der Strecke vertraut und hatte ein gutes Gefühl für den Wettkampf. Ich war zuversichtlich, dass ich am D-Day keine Probleme haben werde.

In der vorherigen Woche habe ich allein die Ironman-Raddistanz von 180 km von Bergen-Enkheim aus unter die Räder genommen. Bei 21°C waren es nicht die erwarteten Wetterbedingungen. Denn am 01.07. würde es bestimmt wieder heiß werden. Im Nachhinein war es ein idealer Test. Nach 180 km bin ich gleich noch 3 Kilometer gejoggt. Das verlief ohne Probleme.

Tapering:
Somit habe ich in der Vorbereitung mindestens einmal jede Distanz komplett absolviert. Meine Form war Anfang Juni bestens und die Tapering-Phase stand bevor. Ich war ein wenig ängstlich, den Trainingsumfang zu reduzieren. Ich verspürte das Gefühl, meine Form könnte in den nächsten zwei Wochen schwinden. Ich versuchte die Spannung zu halten und reduzierte widerwillig meine Umfänge.

Ironman-Woche:
Ab Mittwoch vor dem Ironman habe ich mir frei genommen. Den beruflichen Stress brauchte ich jetzt bestimmt nicht. Ich erholte mich gut und habe am Donnerstag schon meine Startunterlagen in den Händen gehalten. Alles Bestens! Es kann losgehen.

Ich sehe dem Wettkampf gelassen entgegen. Richtige Anspannung bleibt mir fern, ich vertraue auf meine Vorbereitung und bin mir sicher, ich werde bis zur Tagesschau im Ziel sein. Freitag folgte die Wettkampfbesprechung mit den letzten Details zum Rennen. Mir ist soweit alles klar. Es kann jetzt wirklich losgehen.

Es folgt abends die Pastaparty. Ein tolle Veranstaltung. Sonst mag ich das gemeinsame Nudelessen nicht so sehr. Erstaunlicherweise hat aber das, was ich gegessen habe gut geschmeckt und keinen negativen Einfluss auf mein Wohlbefinden gefunden.

Am Samstag haben wir lange geschlafen, sozusagen den Schlaf im voraus genommen. Nach einem ausgiebigen Frühstück bin ich anschließend zum Riedbad. Ich wollte meine neue Schwimmbrille einschwimmen. Mit diesem Ding kann ich auf einmal alles erkennen. Klare Sicht für morgen. Den Tipp mit der neuen Brille kann ich nur an jeden weitergeben. Die Investition hat sich gelohnt.

Am Nachmittag holt mich Jürgen zur Radabgabe ab. Das Rad ist soweit startklar, getestet, ausgerüstet für den Notfall, der bitte nicht kommen möge.

Achim gehts offensichtlich nicht so. Als er bei der Radabgabe ist, sind beide Reifen platt. So ein Pech ist aber selten. Nur weg mit den negativen Zeilen. Ich hoffe, morgen läuft alles rund.

Der Rad- und Helmcheck ist eher lasch. Mein Rad ist sauber, der Helm ist neu, erst ein halbes Jahr alt. Das Sicherheitsetikett gerade noch zu erkennen.

Mein roter Beutel wird mir abgenommen. Den bekomme ich erst in Frankfurt nach dem Radeln wieder. Alles drin? Handtuch, Socken, Schuhe, Brille, Kappe, feuchtes Tuch, Ersatzwäsche für alle Notfälle? Ja!

Ein freundlicher Helfer zeigt mir den Weg zu meinem Radständer. Leider doch nicht ganz vorne wie erhofft, eher ganz hinten. Also muss ich morgen das Rad lange schieben. Schnell ist das Rad in Folie verpackt und aufgehängt. Die Klamotten werde ich vor dem Zelt deponieren. Da ich laut Reglement nicht mit (Kompressions-)Socken schwimmen darf, muss ich meinen Strumpf nach dem Schwimmen anziehen. Das ist immer eine Quälerei in das enge Ding rein zu kommen.

Danach gehts raus aus dem Bike-Park. Ich bedanke mich bei meinem Guide und treffe mich mit Jürgen. Wir gehen runter zum Ufer und sehen uns die Schwimmarena an. Hier sollen wir morgen beweisen, was wir können, wofür wir uns so lange vorbereitet haben. Ja, das werden wir.

Am Freitag hat auch der letzte Triathlet vernommen, dass der Anfang Juni in der Luft liegende Neo-Verbot keine Gewissheit werden wird. Der See hat sich durch die kühle Witterung und die letzten heftigen Gewitter mit Starkregen erheblich abgekühlt. War vor zwei Wochen noch von 26 Grad die Rede, wurde jetzt schon von 18 Grad Wassertemperatur gemunkelt.

Abends gibt es nochmals Nudeln, schwach gewürzte Bolognese-Sauce dazu. Um 21:30 Uhr ist Bettruhe angesagt. Ich kann auch sofort einschlafen, doch um 0:54 Uhr ist die Nacht vorbei. Ich kann nicht mehr einschlafen. Jetzt macht sich die Anspannung doch bemerkbar.

Race-Day:
Der Wecker klingelt, eine Art Erlösungsruf. Rasieren, frühstücken, Zähne putzen, ein letzter Toilettengang und ab ins Auto. Die Schlacht ruft.

Lisa fährt mich zum See. Vor dem Waldsee bildet sich eine lange Autoschlange. Viele, viele Zuschauer wollen sich den Startschuss am See nicht entgehen lassen. Lisa lässt mich am Abzweig raus, den Rest gehe ich zu Fuß. Küsschen und Umarmung, dann bestreite ich meinen Weg allein.

Für Lisa wird es auch ernst. Im Internet die Live-Scores verfolgen, meinen Verpflegungsbeutel bereithalten. Ausschau halten, wann ich die Verpflegungsstelle in Bergen-Enkheim erreichen werde.

Ich gehe ziemlich allein auf der Radstrecke Richtung Haupteingang des Langener Waldsees. Der Zuschauerstrom bewegt sich innerhalb der Umzäunung. Deswegen erwische ich auch ein freies Dixi und entledige mich der überflüssigen Ballaststoffe. In der Wechselzone sind es endlose Schlangen und Wartereihen vor den Dixis. Mann, habe ich ein GLück!

Auf meinem Weg rauschen die Pendelbusse vom Rebstock-Gelände und vom Paulsplatz an mir vorbei. Ich glaube, damit wäre ich nicht gut zurecht gekommen, mich in so einen Bus reinzuquetschen. So kann ich mich auf die bevorstehende Aufgabe konzentrieren. Ich bleibe gelassen, als ich in den Bike-Park gehen will. Nur ein Eingang! Davor eine Traube von Athleten, die Einlass begehren. Das hätten die Veranstalter vielleicht ein bisschen besser machen können.

Die Kontrolle erstreckt sich auf das kleine grüne Bändchen und auch auf den Chip. Den habe ich bereits am Bein, nur nicht vergessen. Auch die Startnummer habe ich mir bereits umgebunden. Die wollte ich gestern nicht in der Wechselzone zurücklassen. Ich treffe Achim, Shake-Hands und weiter gehe ich zum Rad. Michi werkelt an seinen Sachen rum. Ich leihe mir die Radpumpe aus. Ideal! Schnell packe ich mein Rad aus, kontrolliere den Luftdruck der Reifen und bereite mich langsam auf den Start vor. Soweit ist alles in Ordnung. Nur keine Hektik. Es bleibt ausreichend Zeit. In der Wechselzone treffe ich Jogi und Marion vom MTV Kronberg, ein kurzes Nicken zu Julia und ein kleiner Smalltalk mit Jürgen vom PSV.

So, habe ich an alles gedacht? Alle möglichen Stellen eingerieben? Wie sich herausstellen sollte, hätte ich am Nacken viel mehr Melkfett auftragen sollen. Das war die einzige Stelle, die wund wurde. Das habe ich während des Schwimmens bereits vor dem Landgang gespürt.

Der erste Aufruf zum Verlassen der Wechselzone erfolgt für die Athleten. Ich streife jetzt den Neo über, binde den weißen Beutel zu und gebe ihn am LKW ab. Die sind nicht richtig aufgestellt. Die niedrigen Startnummern links, die hohen rechts. Wer hat sich das ausgedacht, dass sich die Athleten hier kreuzen sollen? Ich schlendere weiter zum Schwimmeinstieg. Brille, Ohrenstöpsel, Nasenklammer, Badekappe. Ein Pfarrer gibt uns das Geleit, ich verstehe ihn kaum, bin jetzt auch wirklich mit mir selbst beschäftigt.

Ein letzter Schluck Wasser. Gegenseitige Hilfe zum Schließen des Neos. Amüsant! Wie die Gladiatoren bewegen sich meine Mitstreiter im breiten Korridor runter zum Ufer in die Arena. Mein Blick durch die dunkle Brille schweift an den Absperrgittern entlang. Mann, wie viele Zuschauer sind denn hier? Welch gute Laune verbreiten die. Die feuern uns ja jetzt schon an. Bei der zweiten Ausgabe des Ironman Germany in Frankfurt habe ich am Gatter gestanden. Damals habe ich mir vorgestellt, wie es sein muss, hier aus dem Wasser empor zu steigen, um nach 180 km Rad fahren und einem Marathon das Ziel zu erreichen. Vier Jahre ist das her. So, bald werde ich es genau wissen, wie das ist.

Immer tiefer geht es nach unten. Gleich bin ich im Wasser. Noch gut 10 Minuten bis zum Startschuss. Einschwimmen brauche ich nicht. Langsam gleite ich in die Fluten. Neo befüllen, Kopf unter Wasser! Gar nicht so kalt. Alles dabei? Chip habe ich dran, ganz sicher. Ich kraule Richtung Leine los. Rechts stehen massig Triathleten am Ufer und warten. Na ja, da sollte ich mich auch hin bewegen. Plötzlich berühre ich die weiße Startleine. Moment, hier will ich beim Start bestimmt nicht sein. Also Marsch zurück.

Noch gut 5 Minuten bis zum Start. Das übliche Prozedere erfolgt. Einige Ansagen, die Nationalhymne, eine letzte Ansprache und plötzlich erfolgt der Startschuss. Meine Uhr zeigt genau 07:00:01 Uhr. Das Rennen, die Zeit läuft.

Schwimmstart:
Jetzt setze ich mich auch in Bewegung. Schnell finde ich meinen Rhythmus. Ich kann sofort frei weg schwimmen, kein Problem, keine Hauerei. Das Wasser ist wellig, mein Körper gleitet aber gleichmäßig voran. Ich orientiere mich nicht an meinem Vorausschwimmer, sondern nur an Geländemarken am Horizont. Damit fahre ich ganz gut. Einen Wasserschatten suche und finde ich nicht, viele schwimmen viel zu unruhig und unregelmäßig, können die Richtung nicht halten. Ich halte mich schön rechts und schwimme langsam auf den ersten Wendepunkt zu. Von rechts kreuzen einige Schwimmer. Offensichtlich sind einige noch weiter rechts als ich gewesen. Wie sich herausstellte, sind einige noch am Ufer lang gelaufen und dann erst ins Wasser gehüpft. Unglaublich!

Erste Wende. Ich halte mich weit rechts und komme problemlos rum. Jetzt die lange Gerade. Ich orientiere mich jetzt an den großen gelben Bojen. Die Leute links von mir schwimmen mein Tempo. Von hinten kommen nur noch selten schnellere Schwimmer vorbei.

An der Sandbank stehen auch Zuschauer. Ungewöhnlich denke ich mir. Als ich genauer hinsehe, entdecke ich, dass diese Zuschauer alle einen schwarzen Anzug und eine leuchtend hell grüne Badekappe tragen. Bin ich weiter rechts als ich dachte? Kontrolle nach links: nein. Der Schwimmkorridor zwischen Boje, Leine und der Sandbank ist ganz schön knapp bemessen. Ich versuche der Brühe und der Sandbank auszuweichen, aber ich bin schon zu nah dran. Ich muss auch kurz raus. Durch den Schlick gehts auch sofort wieder rein ins Wasser. Alles ist dunkel, unheimlich. Nur keine Panik, gleichmäßig weiter schwimmen. Immer noch alles Dunkel. Weiter kraulen, es wird heller, ich bin durch.

Zweite Wende, jetzt schön auf den Ponton und den Zielbogen zuhalten. Ich hole einige Schwimmer ein, es läuft gut. Ein Kreuz-und-quer-Schwimmer bringt mich kurzzeitig aus dem Fluss, ich schlucke dabei Wasser. Sch... Weiter, noch 50 Meter zum Landgang. Schnell durch, schneller als die anderen, die sich ewig Zeit nehmen. Die Führenden haben wohl gerade das Wasser verlassen. Irgendetwas in dieser Art kann ich dem Streckenfunk entnehmen. Schwupp, ich schwimme wieder.

Von nun an habe ich eine feste Begleitung. Eine Frau schwimmt links von mir. Sie atmet nur nach rechts, ich nur nach links. Sie schwimmt exakt mein Tempo. So sehen wir uns bis zum Ausstieg immer beim Atmen in die Augen. Okay, meine wird sie wohl durch die dunklen Gläser nicht gesehen haben. Ich denke, die Orientierung war durch dieses Parallelschwimmen einfacher. Sobald einer von uns beiden weiter weg war, konnte man nachjustieren und den Kurs ändern. Ich bin dadurch bestimmt auch schneller geworden.

Letzte Wende. Alles klar, kein Krampf, Brille und Schwimmkappe sitzen gut, nur am Nacken hat sich etwas aufgerieben. Schon erkenne ich den Ausstieg. Ich forciere ein wenig und schwimme, bis ich in den Kies greife.

Das Aufrichten klappt ohne Weiteres, schon schreite ich über die Zeitmessmatte und laufe hoch zur Wechselzone 1. Mein Neo ist schon offen, ein Arm ist raus, der andere auch. Klasse. Es läuft gut, problemlos, weiter so, weiter so. Ich bin 1:23 h geschwommen. Viel schneller als ich kalkuliert hatte. Ich wäre mit einer 1:30 h zufrieden gewesen.

Erster Wechsel und Radfahren:
Ich schnappe mir meinen Beutel. Platz gefunden. Neo komplett runter. Füße nachcremen, Steinchen abwischen, gut, Chip ab, Kompressionssocken mit Wasser bespritzen und schnell überziehen. Socken, Schuhe, Chip um. Gel greifen, aufreißen und in den Mund damit. Alles wieder in den blauen Beutel einpacken und auf, auf zum Rad.

Startnummer um, Brille auf, Helm auf, Rad vom Ständer und raus Richtung Ausgang. Zeitnahme. Ich rolle!

Meinen Polar muss ich noch am Rad anbringen, kurzer Zwischenstopp. Es geht Frankfurt entgegen. Die Geschwindigkeit ist gut, nicht überpacen. Viele Kampfrichter rauschen an mir vorbei. Vor mir wird einer bereits ermahnt. Es rollt, es rollt.

Wie schnell alles geht. Eben im Wasser, jetzt bereits am Mainkai. Mich überholen Athleten mit sündhaft teurem Radsportequipment. Scheibenräder, Vollkarbonrahmen, Fourspokes. Mir wird ganz schwindelig dabei. Hanauer Landstraße, Mainkur. Die vielen Ausrüstungsgegenstände, die meine Mitstreiter verloren haben, hätte ich mal aufsammeln sollen. Hätte ich die anschließend verkauft, hätte ich die Startgebühr wieder rausgehabt. Unzählige Ersatzschläuche, Luftpumpen, Gaskartuschen, sogar nagelneue Mäntel liegen auf der Straße. Unglaublich!

Gleich bin ich in Bergen-Enkheim, nur noch ein wenig berghoch treten. Erste Verpflegungsstelle. Flasche weg, Platz schaffen am Rad. Ich greife mir zweimal Iso, Gel und Riegel. Vorzüglich! Andrea steht links und schreit mich an. Ich sehe Lisa mit Tasche. Schwupps habe ich die Tasche schon am Arm, perfekte Verpflegungsaufnahme. Wer stand jetzt alles am Straßenrad? Andrea, Lisa, Julja, Frank, wer noch? Wo war Christian? Keine Ahnung! Ein Film im Zeitraffer!

Bis Hochstadt habe ich jetzt Zeit etwas zu essen und die Aerotrinkflasche aus zutrinken, sonst schwappt mir die süße Brühe übers Rad.

In Hochstadt ist wirklich die Hölle los. Da geht der Punk ab. In Bergen-Enkheim war schon viel los. Aber hier?! Ungalublich!

Richtiger Gang? Auf, treten, treten, treten. Ich bin ergriffen, es beflügelt, ein tolles Gefühl. Mit fast 40 rase ich nach Mittelbuchen. Der Hühnerberg folgt. Nochmal Wasser? Nein, alles klar, alle Flaschen dran, keine auf dem Kopfsteinpflaster verloren.

So, jetzt der lange Anstieg. Die Straße ist nicht wieder zu erkennen. Die ist vollgekleistert mit Namen, Nummern und Anfeuerungssprüchen. Viele Zuschauer vermitteln Tour-de-France-Atmosphäre. Es macht richtig Laune. Meine Lieblingssteigung! Wie oft bin ich hier schon im Training hochgefahren.

Weiter gehts: Niederdorfelden, Rendel, Karben. Zweite Verpflegungsstelle. Der Platz dafür ist etwas unglücklich gewählt. In einer Bananenkurve kommt man nur schwer an das Zeugs ran. Außerdem habe ich den Eindruck es ist alles enger als in Bergen-Enkheim und erst recht als am Heilsberg oder in Friedberg. Ich bekomme nicht alles, was ich will. Aber noch habe ich reichlich an Board.

Mein Hassstück folgt: der eklige, leichte Anstieg nach Burggräfenrode. Ilbenstadt und Buchenbrücken sind schnell passiert, schon bin ich durch Friedberg und in Bad Nauheim. Der nördlichste Punkt ist erreicht. Der Schnitt ist gut, 31.4km/h. Friedberger Burgmeile: enttäuschend. Kaum was los!

Jetzt geht’s gegen den Wind zurück nach Frankfurt. Diesen Wind merke ich deutlich. Vor mir fahren nur Einzelfahrer, alle halten sich schön an die Regel, bis auf eine Dame. Die fährt erst aus dem Windschatten, als sie ein Motorrad hört. Danach das gewohnte Spiel mit dem Windschatten. Naja, die bescheißt sich ja nur selbst. Soll sie doch.

Nieder-/Oberwöllstadt, Okarben, Dortelweil und Bad Vilbel. Es geht gegen den Wind.

In Bad Vilbel liegt der Heartbreak-Hill vor mir. Hört sich dramatisch an, aber dieser Berg ist gar nicht die schwere Nummer, als die er hingestellt wird. Ich fahre im hohen Gang in den Anstieg. Dann wird es enger, die Zuschauer rücken den Athleten auf die Pelle. Da hauen mir die Leute mit den Klatschschlangen auf den Helm und auf den Hintern. Toll!!! Überholen geht auch nicht. Also langsam hinterher kurbeln. Ich bin froh, die Hölle hinter mich zu lassen. Als ich den neuen Kreisel passiert habe, feuert mich Christian an. Aha, sehe ich ihn also doch. Die Verpflegungsaufnahme klappt wiederum vorzüglich, wie vorher schon in Friedberg.

Mit Volldampf rase ich nach Frankfurt. Der Schnitt geht nochmals nach oben. Schon fahren wir durch den Tunnel. Zwei Kurven noch und jetzt sind es noch 84 km. Wow, wie schnell fast 100 km hinter mir liegen.

Der Anstieg nach Bergen ist schon etwas schwerer. Also doch, irgendwann muss ich die Anstrengung spüren. Lisa hält die zweite Tasche parat. Ich halte an und nehme nur, was ich haben möchte. Den Rest lasse ich zurück. Bisher habe ich eigentlich gut gegessen und denke, dass ich damit gut weiterkomme. Noch ein Küsschen und weiter gehts.

Am Straßenrand sehe ich jetzt noch zusätzlich Leena, Mario und Belli. Noch jemand? Keine Zeit. Weiter.

Ich werde auf der zweiten Runde etwas langsamer. Ich versuche Kraft zu sparen. Links über dem Knie meldet sich ein kleiner Schmerz. Ich beschließe, kleinere Gänge zu treten. Das hätte ich sowieso von Anfang an machen sollen, oder?

Auf der Strecke ist nicht mehr so viel los. Überholt werde ich kaum noch, im Gegenteil. Ich nehme immer schön meine Salzkapseln und Verpflegung zu mir. Die zweite Mini-Pizza kriege ich nicht runter. Mein Magen ist voll und weit ist es nicht mehr zur Wechselzone 2.

Die zweite Runde vergeht gefühlsmäßig schneller als die erste, auch wenn ich tatsächlich geringfügig langsamer geworden bin.

Auf der Friedberger Landstraße überhole ich einen Athleten, der seine linke Kurbel am Fuss baumelnd spazieren fährt. Die ist tatsächlich vom Tretlager abgerissen. Der Arme, der hat noch 5 Kilometer bis zum Wechsel.

Schon bin ich in der Innenstadt. Noch einmal der Tunnel und die letzten zwei Kurven. Jetzt locker auskurbeln. 6 Stunden 9 Minuten. Ein Helfer deutet auch schon auf den "Wechselbalken" hin. Ich mache langsam, klicke aus den Pedalen und steige ab.

Zweiter Wechsel und Marathon:
Andrea brüllt mich von links an, ich wäre zu früh. Kann doch gar nicht sein, oder? Ich lauf kurz rüber und umarme Andrea und Julja. Dann gehts zum Wechsel. Startnummer nach vorne. Das klappt. Ich wechsle die Socken. Dann raus auf die Laufstrecke. Frank ist der Erste, den ich sehe.

Mein Plan waren 4:55 h für den Marathon. Die ersten vier Kilometer habe ich im Schnitt 6:00 min/km geschafft. An der Uniklinik läuft Manni an mir vorbei. Der hat richtig Dampf drauf. Am Streckenrand begrüßen mich Birgit und Belli. Ich gratuliere Birgit zum Ergebnis von Roth, umarme beide und laufe weiter. Ich bin ganz euphorisch.

Dann biege ich bei erster Gelegenheit in eine blaue Kabine ab. Was für eine Erleichterung. Seit Friedberg hat sich schon dieser Drang in mir breit gemacht.

Leider läuft es danach nicht mehr so gut. Ich bekomme zunehmend Magenschmerzen. Das Laufen wird unrunder, aber noch laufe ich ja. Auch die Muskeln über dem Knie fangen an zu flattern. Die betäube ich nachfolgend mit Eiswürfeln, die ich unter die Hose schiebe. Das hilft. Es müssen ja nicht gleich Bandagen wie bei meinem „Comrade“ sein.

An der Strecke stehen unzählige Zuschauer. Ich entdecke viele bekannte Gesichter, manchmal auch erst, als ich schon an ihnen vorbei gelaufen bin. Auf den vier Runden lasse ich mir viel Zeit, mehr als die 4:55 h. Aber es ging nicht schneller. Ich bin froh, wenn ich an der Gerbermühle ein weiteres Bändchen erhalte.

Lisa, Julja und Frank halten sich abwechselnd an der Nord- und Südseite der Untermainbrücke auf. Andrea und Christian treffe ich am Deutschherrenufer, oben und unten am Main.

Es ist so schön, meinen Supportern mein Leid zu klagen. Deswegen nutze ich auch die Gelegenheit ein wenig stehen zubleiben, ein unbändiger Wille treibt mich dazu. Mancher - namentlich Michael - versteht da aber keinen Spaß und treibt mich brutal an. Das nehme ich mir zu Herzen, laufe zumindest trabend weiter.

Ich würde jetzt am liebsten mal alles raus holen, was meinen Magen so blockiert. Ich verzichte ab der dritten Runde auf Cola und beschränke mich vorerst nur noch auf Eiswasser, dazu werde ich erhört und darf zumindest an einem Bier nippen. Das beruhigt meinen Magen, bilde ich mir zumindest ein.

Mit drei Bändchen am Arm mache ich mir schon meine Gedanken, ob ich es bis zur Tagesschau schaffe. Das sollte jetzt aber selbst bei einem 8:00min/km-Schnitt kein Problem mehr werden. So laufe ich und habe wieder Spaß daran. Die letzten 10,5 km laufe ich auch schneller als die davor.

Schmerzen verspüre ich keine, darüber bin ich erleichtert. Mein Ziel werde ich locker erreichen, da bin ich mir längst sicher. Nochmal bei Andrea und Christian vorbei. Alles klar. Sie sollen zum Ziel gehen, den Rest schaffe ich auch ohne weiteren Zuspruch.

Die freiwilligen Helfer in ihren roten Hemden verabschieden mich bis nächstes Jahr. Sie sehen, ich bin gleich durch. Das finde ich ja so lieb von denen. Mir wird schon ganz anders ums Herz. Weit aufgespannt sehe ich mein letztes, das rote Bändchen vor mir. „Gib her das Sch...ding ;-)!“ So, ich bin komplett.

Christian wartet doch noch auf mich. Der ist auch locker schneller als ich unterwegs. Ich bin müde, geschafft und kann nicht mehr viel zulegen. An der Flößerbrücke trennen sich unsere Wege. Er darf auf der rechten Seite nicht mit hoch. Er eilt links vorbei. Ich gehe ein letztes Mal für einige Meter, hoch zum Brückenscheitel. Danach laufe ich runter, an der Verpflegung vorbei zum Ziel. Stolz zeige ich dem Helfer mein rotes Bändchen. Ich darf nach rechts passieren.

Zum Dank dafür werde ich von einer Meute angebrüllt. Ich beschleunige nochmals, es läuft wieder. Links am Rand höre ich Doro grölen. Ich bin ganz wach. Alles ist klar. Ich bin auf dem Zielteppich. Die Startnummer zupfe ich in Position.

Finish:
Auf mich dröhnt ein vielstimmiges Gebrüll ein. Wahnsinn, die Zuschauer legen sich voll ins Zeug. Dem will ich nicht nachstehen.

Links steht Lisa, feuert mich an; mit dabei auch Konni, Frank, Uwe, Dietmar, Sabine und Detlef, mehr erkenne ich nicht. Mich zieht das Ziel magisch an. Weiter, nur noch wenige Meter. Einen Zielsprint lege ich nicht hin, das weiß ich. Warum soll ich diese Szenerie nicht noch genießen dürfen? Und wenn ich heute den Film vom 01.07.2007 nochmals vor meinem geistigen Auge ablaufen lasse, bin ich froh darüber.

Das Ziel ist geschafft.

Stefan Noack, #1771, Ironman, 12:55:01,2 Stunden.

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Danksagung:
Vielen Dank an die vielen freiwilligen Helfer, an die Polizei und die Orga des Ironman. Ihr habt Euch den Dank für den Verlauf des Wettkampfs verdient.

Ich spreche hiermit jeden Einzelnen an, der mich auf dem Weg zum Ziel am Römerberg begleitet hat. Es waren so viele, die mich unterstützt haben. Ich habe mich darüber sehr gefreut.

Ihr ward mir eine große Hilfe!
Dafür möchte ich mich sehr gerne bei Euch allen Bedanken.
Ich sage: Danke!

Im Besonderen gilt mein Dank Lisa, die mich immer wieder zum Training angetrieben hat und die am 01.07. mindestens einen genauso anstrengenden Tag hatte, wie ich selbst.

Weiterhin bedanke ich mich bei meiner Schwester Andrea, meinem Schwager Christian und meiner Nichte Julja und ebenso besonders meinem "Comrade" Frank.

Jeder einzelne Zuruf hat mich in meiner Motivation gestärkt, über ein etwaiges Tief hinweg geholfen, mich ein Körnchen mehr aus dem Körper herausholen lassen.

Auf den 226 km begegnete ich an allen Stellen immer wieder Freunden, Bekannten, vielen Menschen, die meinen Namen von der Startnummer ablesen und mich angefeuert haben.

Zu gerne hätte ich Ihnen mitgeteilt, wie es mir unterwegs ergangen ist, welche Freude ich während des Wettkampfs empfunden habe. Doch dazu war leider keine Zeit. Selbst jetzt fehlen mir teilweise die Worte zu beschreiben, wie ich den Zieleinlauf zum Ironman erlebt habe.

Nur soviel: es war gigantisch, ergreifend, prägend, überwältigend, fantastisch, oder auch neudeutsch: geil.

Nochmals vielen, vielen herzlichen Dank für Eure Unterstützung; an Euch alle, ihr ward einmalig,

made by Stefan N. ®, im Juli 2007